Die Diskussion über die Funktionsfähigkeit der deutschen Unternehmensverfassung (Corporate Governance) hat einen tiefgreifenden Reformprozeß im Gesellschafts-, Bilanz- und Kapitalmarktrecht ausgelöst. Andrea Lohse greift mit dem unternehmerischen Ermessen einen zentralen Aspekt aus diesem Problemkreis heraus: Die unternehmerischen Entscheidungsfreiräume von Vorstand und Aufsichtsrat müssen im Lichte der Aufgabenzuweisungen (§§ 76 Abs. 1,111 Abs. 1 AktG) und der Pflichtenbindungen (§§ 93, 116 AktG) so bestimmt werden, daß das Aktienrecht vermittels seiner Steuerungsfunktion zu einer Optimierung der Aufgabenwahrnehmung beiträgt. Eine Übernahme der U.S.-amerikanischen business judgment rule, wie von Gesetzgeber und Bundesgerichtshof favorisiert, wird diesem Anspruch nicht gerecht. Ziel und Ergebnis der Arbeit ist eine gesellschaftsrechtliche Entscheidungsfehlerlehre, die funktionalere Anforderungen an den Entscheidungsprozeß und das Entscheidungsergebnis stellt und diese Anforderungen durch strenge haftungsrechtliche Konsequenzen absichert. Diese Entscheidungsfehlerlehre trägt den Erkenntnissen der Betriebswirtschaftslehre, der Kapitalmarktorientierung des Gesellschaftsrechts sowie der Rechtsentwicklung auf europäischer Ebene und in den Vereinigten Staaten Rechnung.