Der vorliegende Band, der außer Husserls Freiburger Einleitung in die Philosophie von 1919/20 auch die noch erhaltenen Teile seiner beiden ersten Freiburger Einleitungen in die Philosophie von 1916 und 1918 enthält, bietet eine sowohl historisch als auch systematisch orientierte Hinführung zur transzendentalphänomenologischen Philosophie auf dem Weg über die Ontologie und die Erkenntnistheorie. Im Ausgang von der Darstellung des Anstoßes durch die Sophisitk entwickelt Husserl ausführlich Platons Entdeckung des Apriori als den für die Folgezeit maßgeblichen Schritt zu einer wissenschaftlichen Philosophie und verfolgt in kritischen Analysen deren neuzeitliche Entwicklung seit Descartes über die rationalistischen und empiristischen Systeme bis hin zu Kant.
In den systematisch orientierten Abschnitten der Vorlesung stellt Husserl zunächst die grundlegenden Disziplinen der theoretischen Philosophie dar: die Erkenntnistheorie, die formale Wissenschaftslehre und die Ontologie, die sich in formale Ontologie, die materialen Ontologien und die von Aristoteles begründete Ontologie der realen Welt differenziert. Die praktische Philosophie behandelt Husserl in einer detaillierten Skizze der apriorischen Wertlehre und der in dieser fundierten apriorischen Ethik; diese beiden Prinzipienwissenschaften bilden für ihn die Grundlagen einer wissenschaftlichen Ethik. Diese aus der Göttinger Zeit stammende, unter dem Einfluss Brentanos stehende Konzeption von Ethik erfährt in der Vorlesung von 1919/20 bzw. in den wenig später in diese eingefügten kritischen Reflexionen gewichtige Korrekturen. Diese Korrekturen sowie die detailierte Analyse und Entfaltung des von Platon und Aristoteles grundgelegten, durch den Siegeszug der ateleologischen Naturwissenschaft verdrängten Gedankens einer teleologischen Welterklärung deuten vor auf Husserls späte Ethik und seine metaphysische Weltdeutung.