Die vorliegende Studie versucht das chemische Reaktionsgeschehen unter einem einheitlichen Gesichtspunkt zu betrachten. Sie ist das Ergebnis einer lang- jahrigen, insbesondere experimentellen Betatigung auf den Gebieten der Elektro- chemie und Koordinationschemie in nichtwaBrigen Losungen und sie solI zugleich Anregung zu Erganzungen und zur Verbesserung sein. Der Betrachtung liegen die experimentell festgestellten wechselseitigen Be- ziehungen zwischen Redoxreaktionen und koordinationschemischen Umsetzungen zugrunde, also von zwei Reaktionstypen, welche bisher nur getrennt behandelt wurden. Der neue Aspekt liegt in der Betonung jener Funktion, welche erst bei der Wechselwirkung mit einem Reaktionspartner zum Tragen kommt. Die Funktions- folge wird durch ein Leitprinzip, das Prinzip der chemischen Funktionsfolge, ge- regelt. Damit kommt ein einheitliches Bild der Dynamik der chemischen Wechsel- wirkung nach einem erfolgreichen ZusammenstoB der Reaktionspartner zustande. Hierdurch wird die zwanglose und einheitliche Beschreibung eines enormen und meist bisher wenig oder iiberhaupt nicht koordinierten Materials ermoglicht. Da grundsatzlich einem Molekiil mehrere Funktionsmoglichkeiten offen stehen, welche auBerdem je nach dem Reaktionspartner in unterschiedlicher Intensitat entwickelt werden, muB auf streng quantitative Aspekte verzichtet werden. Manche der bestehenden Beschreibungen mogen sich auch weiterhin innerhalb eines begrenzten Bereiches als nutzlich erweisen. Die elektrostatische Betrach- tungsweise bleibt z. B. fUr die Ionendissoziation in ihrer Bedeutung in vollem Umfang erhalten, und das Denken in mesomeren Grenzstrukturen mag manchem anschaulicher und vorteilhafter erscheinen als entsprechend der vorliegenden Be- trachtungsweise.