Springer Sivumäärä: 232 sivua Asu: Kovakantinen kirja Julkaisuvuosi: 1955, 01.01.1955 (lisätietoa) Kieli: Saksa
Wenn der Kinderheilkunde eine Sonderexistenz innerhalb der gesamten Medizin eingeraumt wird, dann muB mit ungleich groBerer Berechtlgung auch die Kinderpsychiatrie aus der allgemeinen Psychiatrie als Spezlalgeblet herausgehoben werden. Denn in den unreifen Gangliensystemen des kindlichen Gehirnes gestalten krankhafte Veranderungen ganz andere Zustandsbilder als beim Erwachsenen. Es ist darum unstatthaft, die Psychiatrie der Erwachsenen kurzerhand in kindliche Dimensionen zu transponieren und das erhaltene Produkt "Kinderpsychiatrie" zu nennen. Durch die bedenkenlose tl"bertragung der psychiatrischen Nomenklatur auf klndliche Verhaltensweisen erhalt man keine Kinderpsychiatrie. Denn einer seits bieten die kindlichen Psychosen eine vOllig andere Symptomatik als die Geisteskrankheiten der Erwachsenen und anderseits gibt es im kindlichen Seelenleben unter ganz physiologischen Bedingungen zahlreiche AuBerungs formen, wie z. B. Affektreaktionen, Sinnestauschungen, Triebimpulse, die man in Analogie mit den gewohnten Symptomen psychotischer Erwachsener ohne Kenntnis kindlicher Verhaltensweisen leicht ftir Krankheiten halten und prognostisch irrig beurteilen konnte. Das Hauptlnteresse kinderpsychiatrischer Forschung beanspruchen aber nicht die manifesten Erkrankungen, sondern weit mehr die Frtihformen und alIer ersten Anzelchen psychotischer, psychopathischer und krimineller Entwick lungsverlliufe. Die Symptomatlk der pramorbiden Personlichkeit lliBt sich aber aus der Erforschung der vollentwickelten Zustandsbilder nicht mehr ableiten, sondern bedarf einer eigenen kinderpsychiatrischen Untersuchungsmethodik. So ist es ftir die Symptomgestaltung von entscheidender Bedeutung in welcher Phase der Gehirnreifung ein anlagemaBig vorhandener Defekt erkennbar wird, oder in der ein krankhaftes Geschehen hereinbricht. Daher kann die Kinder psychiatrie auf eine genetische Betrachtung des kindlichen Gehirnes und seiner Funktionen nicht verzichten. Dieser Notwendigkeit wurde in der Bezeichnung Entmicklungspsychiatrie Rechnung getragen.