Das Buch von Dirk Grathoff schlägt eine neue Lösung für das Rätsel der Würzburger Reise Heinrich von Kleists aus dem Jahre 1800 vor, dem die Forschung bislang vergebens nachspürte. Weder eine Geschlechtsoperation noch Industriespionage waren der Anlaß für die Reise, wie ältere Spekulationen mutmaßten, sondern Bemühungen, mit Freimaurern außerhalb Preußens in Kontakt zu kommen, um von ihnen eine mäzenatenartige Unterstützung für seine geplante philosophische Ausbildung zu erhalten. Mit diesem Anliegen ist Kleist in Würzburg offensichtlich gescheitert, doch die Kontakte, die er dort knüpfen konnte, waren hochkarätig: Er traf mit Christoph Wilhelm Hufeland, dem Jenaer Mediziner und späteren Direktor der Berliner Charité, und mit Gustav Graf von Schlabrendorf zusammen. Die Begegnung mit dem schlesischen Grafen von Schlabrendorf, der seit 1789 im Pariser Exil lebte, eröffnet neuartige Perspektiven für Kleists antinapoleonische Einstellung, die schon frühzeitig während seiner Besuche in Paris durch girondistische Schriften von Schlabrendorfs beeinflußt worden ist. Insgesamt wird mit dem Buch Kleists Entwicklung zum Schriftsteller in einer bisher noch nicht bekannten Sicht vorgestellt.