Seit den Umbrüchen von 1989/90 haben die Sozialwissenschaften qualitativ wie quantitativ zweifellos bessere Möglichkeiten, die kommunistischen Systeme zu analysieren und deren Entwicklung von 1917 bis Ende der achtziger Jahre zu bewerten. Doch schon hat die Geschichte, ohne abzuwarten, bis die Wissen schaft noch ihre Schuldigkeit mit Blick auf das Vergangene getan hat, ein neues Thema von großer öffentlicher Relevanz auf die Tagesordnung gesetzt. Die neue Herausforderung, mit der sich die Sozialwissenschaften konfrontiert sehen und zu der ihr Votum gefragt ist, lautet, kurz gesagt: Welches sind die Chan cen postkommunistischer Gesellschaften bei ihrem Bemühen, sich von ihrem totalitären Erbe zu befreien und sich in humaner und effektiver Weise zu reor ganisieren? Sich dieser Fragestellung anzunehmen, ist das Ziel der in diesem Buch versammelten Beiträge. Sie sind den Vorgängen in Ostmitteleuropa ge widmet. Die Entwicklungen in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion werden dagegen nicht berücksichtigt. Ihrer Wichtigkeit, Komplexität und ihren Spezi fika könnte nur in einem gesonderten Werk Rechnung getragen werden. Die Transformationsprozesse der Gesellschaften der folgenden Länder stel len den Untersuchungsgegenstand der in diesem Band versammelten Studien dar: Bulgarien, Polen, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn. Der unter den spezifischen Bedingungen des deutschen Vereinigungsprozesses verlaufenden Transformation Ostdeutschlands wird hier ein spezielles Kapitel gewidmet. Wenn die Situation auch in jedem der ostmitteleuropäischen Länder eine andere ist, so ringen sie doch alle mit ähnlichen Problemen, und ihre ver schiedenen Lösungsversuche können sich, insgesamt betrachtet, als aussage kräftig und lehrreich erweisen.