Mit dem Roman Wu Zixu (1946) legt Feng Zhi (1905‑93), der Nestor der chinesischen Germanistik und Schöpfer des chinesischen Sonetts, Rechenschaft über dreitausend Jahre ab. Als Repräsentant eines der Kriegszeit entsprungenen Gegendiskurses überträgt das Werk die Einsichten der literarischen Avantgarde der vierziger Jahre in den intra- und interkulturell überlieferten Kanon. Hinter Feng Zhis Umformung der archaischen Rachegeschichte in eine moderne Allegorie der Heimkehr wirkt eine spezifische, von ihm rezipierte abendländische Kulturtradition und Denkart.
Demgemäß erschließt die Studie die ganze palimpsestische Schichtung und lyrische Tiefe des Wu Zixu, um einerseits den mit seiner Genese einhergehenden Kulturtransfer über Epochen und Kontinente hinweg zu rekonstruieren und andererseits das aus diesem Transfer resultierende enorm dichte und raffinierte intertextuelle Bezugsgewebe offenzulegen. Die Arbeit versteht sich jedoch nicht bloß als Entschlüsselung eines einzigen Werkes, sondern vielmehr als Gesamtbetrachtung all der kühnen Dissonanzen, die mit Feng Zhis Wu Zixu im turbulenten China jener Zeit laut werden. Dabei werden auch der gegenwärtige west-östliche Dialog sowie die aktuelle Kulturtransfer- und Moderne-Forschung neu beleuchtet.