Die Europäische Union galt lange Zeit als rein säkulare politische Gemeinschaft, in der Religion nicht zu thematisieren sei. Mit der viel beschworenen Rückkehr der Religionen und der Idee der postsäkularen Gesellschaft stellt sich diese Frage ganz neu. Die verstärkte Aufmerksamkeit für die gesellschaftliche Bedeutung von Religion speist sich mittlerweile aber auch aus dem europäischen Integrationsprozess selbst. In dem Maße, wie sich die EU nicht mehr nur als wirtschaftliches Projekt versteht, sondern auch als politische Union und Wertegemeinschaft, kommt der Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenhalt Europas – gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten – eine wachsende Bedeutung zu. Diesen Wandel greift der Band auf. Er verfolgt einerseits die Frage einer gemeinsamen Identität in Europa und untersucht andererseits die konkreten religionspolitischen Konsequenzen, die sich mit dem Vertrag von Lissabon ergeben haben und nun die Religionspolitik der Europäischen Union und ihr Verhältnis zu den Mitgliedsländern wie zur internationalen Staatenwelt prägen.