Medizin und Literatur zusammenzubringen ist verheißungsvoll, denn die Literatur lässt uns mit dem Leben in Berührung treten, und so vermittelt die Literatur vielfach ein Lebenswissen, das empfänglich sein kann für die Vielschichtigkeit der Erlebnismomente kranker Menschen in ihren jeweiligen Lebenskrisen. Literatur kann durch die Erzählung von Lebensgeschichten auf ihre Weise das Verständnis von Menschen erweitern, denn wer sich mit Literatur beschäftigt, erhält ein vertieftes Einfühlungsvermögen in existentielle Fragen, die vor allem bei kranken Menschen in ihrer Krisenerfahrung im Zentrum stehen. Die Literatur kann Zugang eröffnen zur Vielfalt möglicher Deutungen von Gesundsein und Kranksein, individuelle Umgangsformen mit Krankheit in Gang setzen.
Die Beschäftigung mit der Literatur bereichert die Medizin in einer entscheidenden Weise, denn während die Medizin in ihrer vornehmlich naturwissenschaftlichen Ausrichtung auf die Verobjektivierung des Befundes ausgerichtet ist, kann die Literatur das Objektive anfärben und mit Leben füllen, einen Ausblick in den grenzenlosen Horizont verschiedenster Lebenswelten eröffnen.
Literatur kann die Einsicht aufschließen, die Laborwelt und Lebenswelt, Krankheit und Kranksein, Wissenschaftlichkeit und Zwischenmenschlichkeit miteinander zu verbinden. Medizin wird erst durch den Blick auf den ganzen Menschen ihrem genuin sozialen Anspruch gerecht, die Literatur kann dafür sensibilisieren.
So möchte der vorliegende Band durch das Zusammenführen namhafter Autoren, denen wir für ihre Leistung mit tiefem Dank verbunden sind, das besondere Potential der Literatur für eine Humanisierung der Medizin aufzeigen.