Die Pädagogik ist in den Strudel der allgemeinen Krisenstimmung geraten. Sie strampelt verzweifelt wie ein auf dem Rücken liegender Käfer. Aber statt sie wieder auf die Beine zu stellen, empfiehlt man ihr, doch schneller und kräftiger zu strampeln oder mit den Flügeln zu schlagen. Die Schlagworte, die der Patientin zur Genesung täglich wie Lebertran verabreicht werden lauten: Lebenslanges Lernen, Lernen lernen, Teamfähigkeit, Innovation, Integration, Individualisierung, Kreativität, neue Lernkultur, Zukunftsfähigkeit, Schulentwicklung, Projektarbeit, fächerübergreifendes Lernen, eigenverantwortliches Lernen, offenes Lernen etc. etc. Die Liste dieser Schlagwörter, die der Autor analog zu "Killerphrasen" als "Killerbegriffe" bezeichnet, scheint endlos. Killerbegriffe werden als Waffen eingesetzt. Sie sind so positiv besetzt und unanzweifelbar, daß ihr Infragestellen einer blasphemischen Anmaßung gleichkommt. Selbst kirchliche Dogmen erscheinen dagegen wie unverbindliche Empfehlungen und Richtwerte. Diese Killerbegriffe verbreiten sich mit pandemischer Heimtücke in Windeseile. Die Überträger sind (Bildungs)politiker und Fortbildner. Bei der Vogelgrippe konnte man durch Keulung von Enten und Gänsen wenigstens das Schlimmste verhindern.
Gottfried Wagner nennt sein Buch eine "ketzerisch-satirische Streitschrift". "Ketzerisch" deshalb, weil es in der momentanen Diskussion um Pädagogik und Schulreform nur so wimmelt von Glaubenssätzen, Heilsversprechen, Quacksalberei, Irrationalem, Sektierertum, Inquisitorischem, daß einem selbst das Mittelalter wie eine aufgeklärte Epoche vorkommt.
"Satirisch" deshalb, weil nur diese Literaturform den ganz normalen Wahnsinn angemessen entlarven kann.