Wie ist das abstrakte Feindbild des "judischen Rassenschanders" zustande gekommen? Welche politischen Strategien, welche Mechanismen von Herrschaft und Unterwerfung verbergen sich dahinter? Wie war es moeglich, dass die antisemitischen Sexualphantasien von Rassenschandung die deutsche Gesellschaft in nur wenigen Jahren durchdringen und durch das Wirken von Julius Streicher zur "Kampfgemeinschaft" formen konnten? Diese Arbeit versucht erstmals die Textur jenes Verbrechens zu entschlusseln, auf welcher der Vorwurf von "Rassenschande" beruht, und zugleich die Ordnung der Wunden, die Matrix des nationalsozialistischen Rassendenkens aufzuzeigen. Der "judische Rassenschander", wie ihn Streicher popularisiert hatte, tritt inmitten Europas in einem seiner modernsten Staaten auf: am Umbruch einer Modernisierungsschwelle, an welcher die deutsche Gesellschaft nicht nur durch soziale, politische und religioese Erosionsbewegungen zu zerbersten drohte, sondern an der auch gesellschaftliche Alteritaten in den Blick genommen wurden. Aus dem Gegensatz dieser Politikvorstellungen soll erstmals die wohl popularste Variante nationalsozialistischer Judenfeindschaft, die obszoene, sadistische Judenhetze gegen so genannte "judische Rassenschandung" deutscher Frauen und Madchen, wie sie massgeblich durch Streicher betrieben und forciert worden war, inhaltlich analysiert und in einen historisch-politischen Kontext gestellt werden.