Von Anfang an war die Gründung und Unterhaltung von Irrenhäusern im weitesten Sinne ein Politikum. Im späten Mittelalter ebenso wie zu Beginn der Frühen Neuzeit, erneut aber auch im 19. Jahrhundert im konfessionellen Rahmen bildete die Versorgung von Geisteskranken einen Topos karitativen Engagements und repräsentierte christliche Barmherzigkeit. Seit der Aufklärung galten geordnete Irrenanstalten als Ausdruck ?vernünftigen Mitleidens?; ihre Erbauung trug zum Ansehen ?wohltätiger? Landesherren oder städtische Obrigkeiten bei. Erst im späteren 19. Jahrhundert wurden die Irrenhäuser allerdings tatsächlich zum Bestandteil umfassender staatlicher Sozial- und Ordnungsprogramme, und zwar nun auf prononciert naturwissenschaftlich-medizinischer Basis. Die mit diesem Paradigmenwechsel verbundene Erfolgsorientierung führte im 20. Jahrhundert immer wieder zur einer Bewertung von Anstaltsinsassen, für welche die Gesellschaft Kosten aufzubringen hatte. Sprachlich (und ebenso bildlich) ist das Irrenhaus eine weit verbreitete und gerne genutzte Metaphern. Schon in Shakespeares Tragödie ?König Lear? meinte der Hinweis auf das Londoner Irrenhaus ?Bedlam? weit mehr als einen Verweis auf das real bestehende englische Tollhaus. Es geht um die aus den Fugen geratene Welt. Zahlreiche große Literaten ebenso wie Maler und Filmemacher haben sich seither das Irrenhaus zum Schauplatz menschlicher Komödien und Tragödien gemacht. Die dramaturgische Eignung des Genres, der kleinen Gegenwelt, welche die Wahrheit ungeläutert zeigt, ist unübersehbar.