Wald- und Wiesengeschichten, die mitnichten Kraut und Rüben sind.
Einen Monat lang hat er jede Nacht in einem anderen fremden Bett geschlafen. Immer eingeladen von Menschen, die nachts höchstens von Hundebellen gestört werden und den Besitzer des Hundes selbstverständlich seit Jahren kennen. Jörg Thadeusz war wandernd in der Weite Norddeutschlands unterwegs. Er hat dort engstirnige Provinzler erwartet. Wen er stattdessen getroffen hat, beschreibt er in den Porträts von selbstsicheren, wendigen, versponnenen, vor allem aber hochzufriedenen Landbewohnern.
Eigentlich ist doch wohl klar, wer über wen lacht. Während der Großstädter jedes Aroma der Modernität aus seinem Alltag herausschmecken kann, muss der Landmensch aufpassen, dass er nicht von hastig hochklappenden Bürgersteigen verletzt wird. Hier passiert ständig Neues, dort ist es so öde wie immer. Aber was ist bei der realen Begegnung plötzlich mit den Klischees los? Wie kann die junge Frau, die mit Hund und Pferd im Wald vorbeikommt, als Julia-Roberts-Double auf Münchner Parties jobben? Verhält sich ein freiwillliger Feuerwehrmann mit buschigem Schnauzer und dem Nachnamen Rohr noch artgerecht, wenn er für seine Kunstleidenschaft ein Apartment in Berlin bezahlt? Und der Holzschuhschnitzer, der sich als pensionierter Bankdirektor herausstellt? Die Heidschnuckenzüchterin, die Jahrzehnte den Rasenstreifen vor ihrer Stadtkneipe als Natur pur begriffen hat? Der Bauer, der in seiner Lauenburger Scheune gigantische Plastiken für urbane Verkehrsinseln entwirft? Die dürfte es doch eigentlich nicht geben. Jörg Thadeusz hat sich auf seiner Wanderung vor allem durch das Gestrüpp seiner Vorurteile gekämpft. Und dabei bemerkenswerte Menschen getroffen. Die manchmal so zufrieden sind, dass man sie für die echten Reichen und Schönen halten möchte. Nicht nur, weil sie abends garantiert immer einen Parkplatz vor dem Haus finden.