Die Revolutionen des Jahres 1989 scheinen bereits sehr lange zurückzulie gen, länger jedenfalls, als es die seither verflossenen Jahre allein begründen könnten. Das mag zum Teil daran liegen, daß die Welt in der Zwischenzeit durch andere, weit unfriedlichere Ereignisse in Atem gehalten wurde. Ich vermute allerdings noch einen anderen Grund hinter dem schnellen Verblas sen der Eindrücke des "anni mirabilis" 1989: Bald nachdem die euphorische Stimmung in Warschau, Leipzig oder Prag verflogen war, galt das plötzliche Ende des Kommunismus, obwohl von kaum jemandem vorhergesehen, als geradezu zwangsläufige Folge seiner ökonomischen und technischen Rück ständigkeit gegenüber dem Westen. Fast scheint es, als sollten die während der Demonstrationen und der erfolgreichen Verhandlungen zwischen Regime und Opposition noch für unfaßbar gehaltenen und schlicht als "Wahnsinn" charakterisierten Veränderungen im Nachhinein normalisiert und in einen stimmigen, durch bekannte Gesetzmäßigkeiten beherrschten Geschichtsver lauf eingeordnet werden. Demgegenüber will die vorliegende Arbeit die Außergewöhnlichkeit der Ereignisse von 1989 in Erinnerung rufen. Statt das Staunen über den implo sionsartigen Zusammenbruch hochgerüsteter und einschüchternd mächtiger Herrschaftsapparate in eine weitere ex-post Prophetie aufzulösen, geht es mir darum, zu einem besseren Verständnis der Bedingungen beizutragen, unter denen sich, ausgehend von Teilöffentlichkeiten der Dissidenz, gesellschaftli chen Bewegungen und Massendemonstrationen, eine auf Zustimmung basie rende politische Macht entfalten und schließlich die Konfrontation mit den kommunistischen Herrschaftsapparaten gewinnen konnte. Ein solches Vor haben, so hoffe ich jedenfalls, ist nicht allein und inerster Linie von histori schem Interesse.