Zweierlei macht den "Liuzi" - hier erstmals vollstandig in eine westliche Sprache ubersetzt - zu einem besonderen Buch. Zum einen handelt es sich um den einzigen bis heute tradierten -Herrscherspiegel- aus der unruhigen Epoche des 5./6. Jh. Zum anderen erweist sich dieses oft -eklektisch- genannte Werk als ein Text von erstaunlicher Systematik und grosser gedanklicher Geschlossenheit. Letzteres mag verbluffen und tritt im Verwirrmuster der fremden Metaphern und Anekdoten auch nicht auf den ersten Blick zutage. In einer der Ubersetzung beigefugten Untersuchung wird jedoch aufgezeigt, dass der gesamte Text (55 Kap.) sorgfaltig durchkomponiert ist und eindeutig von einem einzelnen Autor stammt. Neben dieser Entdeckung verblasst die Frage, ob dieser Autor tatsachlich der beruhmte Liu Xie war, dessen Hauptwerk "Wenxin diaolong" ja ebenfalls durch Systematik beeindruckt. Wer immer Meister Liu war - sein Rat auf dem Weg vom -kleinen Menschen- zur gereiften Personlichkeit und seine Vorstellungen von Staatslenkung sind nicht nur menschenfreundlich und undogmatisch, sondern zugleich auch grundlich durchdacht und nach wie vor beachtenswert."