Obwohl Johann Friedrich Herbart (1776-1841) und die an ihn anschließende Ästhetiktradition eine hegemoniale Stellung in den geisteswissenschaftlichen Disziplinen des 19. Jahrhunderts innehatten, ist die herbartianische Ästhetik und das mit ihr verbundene formalistische Theorieprogramm aus dem heutigen Wissenschaftsbewusstsein verschwunden. Die Quellenedition präsentiert erstmals Texte derjenigen Autoren, die zwischen 1820 und 1920 eine formalistische Ästhetik auf herbartianischer Grundlage erarbeitet haben. Gewirkt hat dieser frühe Formalismus in drei Hinsichten: Erstens hat er zu einer funktionalistischen Neukonzeption des Formbegriffs und seiner metaphysischen Traditionen geführt; zweitens hat er Methodik und Selbstverständnis der geistes- und kulturwissenschaftlichen Theoriebildung im 20. Jahrhundert geprägt; drittens hat er den diversen europäischen Strukturalismen vorgearbeitet. Die Edition macht damit unbekannte Grundlagen der geisteswissenschaftlichen Theoriebildung und der philosophischen Ästhetik zugänglich. Berücksichtigt wird dabei auch die tschechische Theorielinie in deutschen Erstübersetzungen.