Es gibt im Unionsprivatrecht wenige Begriffe, die über den einzelnen Rechtsakt hinaus von so großer Bedeutung und zugleich so wenig übergreifend und systematisierend erforscht sind wie Treu und Glauben. Dies mag daran liegen, dass man es mit einem in Anwendungsbereich, Inhalt und Rechtsfolgen höchst unbestimmten Grundsatz im Umfeld einer fragmentarischen Rechtsmaterie zu tun hat. Eine nationalrechtliche Vorprägung ist zwar durchgehend vorhanden, fällt jedoch unterschiedlich aus. Christian Stempel untersucht, wie sich vor diesem Hintergrund ein einheitliches Verständnis des unionsprivatrechtlichen Grundsatzes von Treu und Glauben entwickeln kann, der mittlerweile vom Unionsgesetzgeber und auch vom Europäischen Gerichtshof häufig verwendet wird. Er zeigt vorhandene Entwicklungen und Missstände auf, eröffnet aber auch Perspektiven für eine transparentere, einheitlichere und systematischere Handhabung des Grundsatzes auf unionaler wie auf nationaler Ebene.