Seit der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts machen die exakten Wissenschaften den schoenen Kunsten zunehmend das Deutungsmonopol uber den Menschen und die Natur streitig. Naturwissenschaftliche Forschungen und Experimentalordnungen erheben den Anspruch auf objektive Wahrheit und letztendliche Erklarungen gegenuber etablierten AEsthetiken und Moralvorstellungen. Insbesondere biologische, physiologische und psychologische Dispositive pragen in wechselnden Konjunkturen und unterschiedlichen Konstellationen zentrale gesellschaftliche, kulturpolitische und asthetische Debatten und Diskurse in Russland und der Sowjetunion. Dabei ist das Verhaltnis kein unilaterales von den Wissenschaften zu den Kunsten, sondern asthetische Aneignungen generieren immer auch neue Paradigmen und Wissenssysteme, die in andere Gesellschaftsbereiche zuruckwirken. Dieser Band vereint erstmals im deutschsprachigen Raum neueste Forschungen aus den Literatur-, Kunst-, Medien-, Kultur- und Geschichtswissenschaften sowie der Wissenschaftsgeschichte zum Wechselverhaltnis von Kunsten und Wissenschaften in Russland und der Sowjetunion im Zeitraum von 1860 bis 1960.