Das ius reformandi ist das Recht der weltlichen Obrigkeit, die Religionsverhältnisse im Staate zu regeln. Da es im heutigen deutschen Recht fortlebt als das Recht des Staates, Religionsgemeinschaften zu Körperschaften des öffentlichen Rechts zu erheben, ist seine historische Entwicklung auch für heutige Auslegungsfragen von Bedeutung. Das ius reformandi hat keine direkten Wurzeln im mittelalterlichen 'landesherrlichen Kirchenregiment'. Es bildete sich vielmehr im Wechselspiel von Theologie, theoretischer Jurisprudenz und Rechtspolitik in drei großen Phasen heraus: Zunächst formte es sich im Streit um die Berechtigung der Reformation zwischen 1521 und 1555. Es war ein doppelgesichtiges Recht von Religionsfreiheit und Religionsbann, wobei die Religionsfreiheit der Reichsstände am weitesten ging, der Religionsbann aber die Untertanen am härtesten traf. Dies wurde nur durch das Auswanderungsrecht als erstes verbrieftes Individualgrundrecht gemildert. Sodann festigte es sich als Religionseinführungsrecht der Obrigkeit zwischen 1555 und 1648, wozu das Schlagwort 'cuius regio, eius religio' verbreitet wurde, obwohl in vielen Territorien dieses wichtigste ius circa sacra von den Landständen eingeschränkt werden konnte. Von 1648 bis 1806 mußten Juristen beider Konfessionsparteien das ius reformandi neutralisiert uminterpretieren in das Recht der Obrigkeit, den Religionsgemeinschaften einen ihnen angemessenen und dem Staate nützlichen Status zuzuerkennen. Bernd Christian Schneider gibt zwischen 'Präludium' (zum Spätmittelalter) und 'Postludium' einen weitgespannten und doch tiefgreifenden, alle wichtigen Quellen berücksichtigenden historischen Überblick über die Entwicklung des wichtigsten Staatskirchenrechts im Heiligen Römischen Reich.