Wegen einer Reihe bewaffneter Raubüberfälle wurde Lenell Geter 1983 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, obwohl er die Tat nicht begangen hatte. Erst als neue Beweise zeigten, daß jemand anderes die Verbrechen verübte, wurde er nach 18 Monaten aus der Haft entlassen.
Eine nachträgliche Untersuchung des Falls zeigte, daß die Hauptzeugin der Anklage sich auf eine fatale Weise geirrt hatte. Unmittelbar nach der Tat zeigte die Polizei der Zeugin Lichtbild-vorlagen möglicher Täter, aus denen sie den Täter nicht identifizieren konnte. Nach einigen Monaten wurde der Zeugin eine neue Lichtbildkartei präsentiert, die sich aus vier neuen Bildern und einem bereits in der ersten Kartei gezeigten Foto zusammensetzte. Sie entschied hierbei, daß das Gesicht auf einem der Fotos, welches ihr wohl "vertraut" vorkam und Lenell Geter abbildete, den Täter zeigte. (Ross, Ceci, Dunning & Toglia, 1994).
Das eben beschriebene Phänomen würde von Vertretern des Quellendiskriminationsansatzes wohl als korrekte Rekognition bei mangelhafter Quellendiskriminationsleistung angesehen werden, was auch durch ein fehlerhaftes Arbeiten zugrundeliegender Gedächtnisprozesse erklärt werden könnte.
L.L. Jacoby entwickelte 1991 eine Methode, die sogenannte Prozeßdissoziationsprozedur, mit dessen Hilfe eine quantitative Schätzung von zugrundeliegenden Gedächtnisprozessen, die er einerseits als unbewußte, automatische, auf Vertrautheit basierende Prozesse und andererseits als bewußte, kontrollierte Erinnerungsprozesse bezeichnete, in einem kombiniertem Test möglich wurde. Jacoby würde die oben beschriebene fatale Fehlentscheidung wohl als das Resultat einer unbewußten automatischen Vertrautheitsnachwirkung bei Abwesenheit bewußter kontrollierter Erinnerung ansehen.
Bei Betrachtung der Testgestaltung bei beiden Ansätzen entsteht nun die Frage, ob und inwieweit Bezüge zwischen Prozeßdissoziation und Quellendiskrimination bestehen.
Dieser Frage geht die folgende Arbeit nach.