Im gesellschaftlichen Kontext Württembergs zeichnet das vorliegende Buch exemplarisch für den deutschsprachigen Raum die Entstehung und organisatorische Entfaltung des Tierschutzes im langen 19. Jahrhundert nach. Ausgangspunkt ist die erste kontinentaleuropäische Tierschutzbewegung, die in Württemberg von 1837 bis 1840 in einem breiten öffentlichen Diskurs und organisiert in sechs Vereinen einen Tierschutzparagrafen durchsetzte, bevor sie wieder versandete. Warum gerade zu dieser Zeit ausgerechnet im wirtschaftlich zurückgebliebenen Württemberg der Übergang von tierethischer Reflexion zu zivilgesellschaftlichem Handeln gegen Tierquälerei stattfand, leitet die Studie aus Veränderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse und aus einer geistigen Atmosphäre ab, die gekennzeichnet war von romantischer Empfindsamkeit, Individualismus und Sittenstrenge, verschränkt mit aufgeklärter, sehr praktisch orientierter pietistischer Frömmigkeit.
1862 gelang die Gründung eines dauerhafteren und landesweiten Vereins, dem in den 1890er Jahren noch zwei kleinere folgten: ein Frauenverein und ein Ableger der Antivisektionsbewegung. Das Buch stellt Praxis, Forderungen, tierrechtliche Ansätze, Zielgruppen und soziale Basis aller Vereine ausführlich vor und analysiert Motive und Netzwerke der Protagonist*innen. Dabei werden die Tiere, um die es ging, nicht vergessen: Basierend auf den Quellen der Vereine entfaltet die Studie ein plastisches Panorama der damaligen Lage der Tiere in der menschlichen Gesellschaft, die jeden romantisierenden Rückbezug auf diese Zeit vor der Massentierhaltung Lügen straft.