Die operativen Trennungen siamesischer Zwillinge durch AErzte fordern nicht nur die medizinische Wissenschaft heraus, sondern auch die Rechtswissenschaft. Sie zwingen zur Aufarbeitung zahlreicher theoretischer Ansatze in Rechtsprechung und Wissenschaft. Viele Trennungsoperationen sind rechtlich unstreitig. Trennungsoperationen bei Zwillingen, die ein lebenswichtiges Organ teilen und zum Tod des einen Zwillings fuhren, sind jedoch moralisch, ethisch und rechtlich sehr komplex. In jungster Vergangenheit haben Richter in zwei Urteilen - der englische Fall Re A (children) (conjoined twins: surgical separation) [2000] 4 All ER 961 und der australische Fall State of Queensland v Alyssa Nolan & Anor [2001] QSC 174 - entschieden, dass Trennungsoperationen siamesischer Zwillinge nicht gegen das Strafrecht verstossen, selbst wenn einer der Zwillinge bei der Operation stirbt. Deutsche Gerichte haben sich mit diesen Fallen noch nicht befassen mussen. Der besondere Anreiz dieser Arbeit besteht in der Gegenuberstellung von deutschem, englischem und australischem Strafrecht und Rechtsprechung und einer moeglichen Antwort auf die Frage, wie das deutsche Recht auf Trennungsoperationen reagieren kann.