Martin Sallmann untersucht den theologischen Grundansatz des Zürcher Reformators Huldrych Zwingli in dessen lateinischem Hauptwerk De vera et falsa religione commentarius. Er analysiert Aufbau und Gefüge der Schrift, erörtert Argumentation und Gedankengang der einzelnen Kapitel und erläutert schließlich beide Komponenten in ihrem Zusammenhang. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf Denkwege, die wiederholt an verschiedenen Stellen in variierender Form beschritten werden. Sie geben Aufschluß über prägende Elemente in Zwinglis theologischem Denken.Martin Sallmann arbeitet einen charakteristischen Gedankengang heraus, der im wesentlichen drei Elemente enthält: Gott - Mensch - Heilsgeschehen. Die zwei ersten Glieder bauen jeweils den spannungsvollen Konflikt zwischen Gott und Mensch auf. Gott fordert vom Menschen Gerechtigkeit, doch der Mensch kann wegen seiner Sündhaftigkeit niemals der Gerechtigkeit Gottes entsprechen. Das Heilsgeschehen als drittes Glied löst diesen Konflikt, schafft dem Menschen einen Ausweg aus Ohnmacht und Verzweiflung und eröffnet ihm einen neuen Zugang zu Gott. Diese fundamentale Grundkonstellation prägt Begriff und Funktion der religio. Einerseits ordnet diese Gott und Mensch in ihrer Polarität einander zu, umfaßt sie zugleich und hält sie zusammen. Andererseits enthält sie das Heilsgeschehen Gottes, den barmherzigen Rückruf an Adam sowie Rechtfertigung und Heimholung des Menschengeschlechts in Christus. Religio ist deshalb immer schon wesentlich religio Christiana, auch wenn sie ante Christum natum noch nicht als solche bezeichnet werden kann.Mit dem 'heilsgeschichtlichen' Gedankengang entwickelt Zwingli in unterschiedlichen Argumentationszusammenhängen das Heilsgeschehen Gottes für den Menschen, wobei Reihenfolge und Akzentuierung der Glieder variieren können. Der Aufbau der gesamten Schrift ist wesentlich von diesem Gedankengang geprägt.