Mit der Verlagerung der Gesetzesauslegung von der Gesetzeskommission zur Rechtsprechung und der Abwendung von der reinen mechanischen richterlichen Wortlautanwendung der Gesetze wurde den preussischen Gerichten die Moeglichkeit zur eigenstandigeren Interpretation und Rechtsfindung nach den anerkannten Auslegungsregeln des 19. Jahrhunderts eroeffnet. Das Koenigliche (Geheime) Obertribunal - zustandig als oberster Gerichtshof in Preussen fur Revision und Nichtigkeitsbeschwerden in Zivil- und Strafsachen - veroeffentlichte ab 1837 seine Urteile mit Entscheidungsgrunden in einer offiziellen Sammlung. In dieser Arbeit wird auf einige dieser Entscheidungen aus dem Bereich des Rechts der ehelichen Gutergemeinschaft des Allgemeinen Landrechts fur die Preussischen Staaten eingegangen und anhand dieser die konkrete Rechtsanwendung in Einzelfallen, die Gesetzesauslegung sowie der Umgang mit bestehendem Recht, Unklarheiten und Diskussionspunkten aus Praxis und Wissenschaft durch das Obertribunal untersucht.