Aus Anlass des 200. Geburtstages von Carl Rokitansky wird nicht nur seine zentrale Bedeutung für die medizinische Wissenschaft, sondern auch sein politisches Wirken und seine Haltung zu Grundsatzfragen erstmals interdisziplinär in einem Sammelband, bearbeitet von Historikern, Medizinhistorikern und Ärzten, dokumentiert.
Carl Freiherr von Rokitansky (1804-1878) hat mit der von ihm vertretenen Disziplin, der pathologischen Anatomie, Forschung und Lehre der Wiener medizinischen Schule geprägt und nachhaltig bestimmt. Er hat im deutschen Sprachraum führend die pathologische Anatomie zur Grundlage der klinischen Medizin für Diagnostik und Krankheitslehre gemacht und war 1844 der erste Lehrstuhlinhaber dieses Faches. Mit seinem Eintreten für Lehr- und Lernfreiheit war er nach 1848 der erste Dekan und 1853 der erste Rektor aus den Reihen der Universitätsprofessoren. 1863 zum Referent der medizinischen Studien im Unterrichtsministerium ernannt, 1850 Mitglied der Medizinalkommission und 1870 Präsident des Obersten Sanitätsrates im Innenministerium, wurde er 1867 ins Herrenhaus des Reichsrats berufen. Seit 1850 Präsident der Gesellschaft der Ärzte und seit 1869 Präsident der Akademie der Wissenschaften, der er seit 1848 als Mitglied angehörte, hat er zusätzlich zu seiner medizinischen wissenschaftlichen Arbeit in Reden und Schriften vor allem zu Themen der Bildungs- und Wissenschaftspolitik sowie der medizinischen Ethik Stellung bezogen. Durch die Führungspositionen in verschiedensten akademischen und politischen Institutionen prägte und repräsentierte Carl Freiherr von Rokitansky nicht nur die Wiener medizinische Schule, sondern auch die Ära des österreichischen Hochliberalismus.
Der Sammelband enthält auch einen Katalogteil zur gleichnamigen Ausstellung mit bisher nicht gezeigten Exponaten aus verschiedenen Archiven und Familienbesitz.