Die lateinische Tragoedie Sedecias des bedeutenden portugiesischen Jesuitendramatikers Luis da Cruz (1543-604) gilt zu Recht als herausragendes literarisches Zeugnis der Europa Latina, einer durch das Medium der lateinischen Sprache geeinten europaischen Geisteskultur (1450-1750). Im Mittelpunkt des umfangreichen Werkes steht eine tragische Herrschergestalt aus dem Alten Testament: Koenig Sedecias missachtet die eindringlichen Warnungen des Propheten Jeremias und lehnt sich gegen die babylonische Oberherrschaft auf. Nach der Belagerung und Zerstoerung Jerusalems erwartet den Koenig und seine Soehne ein grausames Schicksal. In einzigartiger Weise hat Luis da Cruz den biblischen Stoff in die spezifische aussere und innere Form einer antiken Tragoedie ubertragen. Antike, judische und christliche Tradition werden auf hoechstem kunstlerischem Niveau zu einer uberzeugenden Synthese gefuhrt. Die zweisprachige Edition (mit Similienapparat), der eine wissenschaftliche Einleitung vorausgeht, verfolgt das Ziel, der Forschung ein Meisterwerk der neulateinischen Literatur zuganglich zu machen und einem herausragenden Jesuitendramatiker den ihm gebuhrenden Platz im Bewusstsein der Nachwelt zu sichern.