Entgegen der Ansicht, Aristoteles sei als Sprachphilosoph und -wissenschaftler "nur sehr wenig uber Platon hinausgekommen" (H. Arens, R. Haller u.a.), will die vorliegende Untersuchung zeigen, dass Aristoteles einen tiefgreifenden Einschnitt in der Entwicklung der Sprachwissenschaft und -philosophie markiert. Er hat - in Grundzugen - die erste semantische Theorie entworfen, hat als erster eine Schrift uber den (Aussage-) Satz verfasst und hat in der Poetik den ersten systematischen Abriss einer wissenschaftlichen Grammatik vorgelegt.Eine der wesentlichen Ursachen fur den Fortschrift innerhalb der antiken sprachphilosophischen Forschung ist in der veranderten Einstellung zur Sprache zu sehen. Bei Aristoteles ist die Identitat von Sprache und Denken weitgehend zerbrochen. War fur Platon die Sprache noch das Medium, in dem sich jedwede Form der philosophischen Erkenntnis realisierte, so ist die Sprache fur Aristoteles (bloss) Ausdruck des Denkens, symbolische Reprasentation von Inhalten der Seele. Hierdurch wurde die Voraussetzung dafur geschaffen, dai sich die Sprache als eigenstandiger Gegenstand der Forschung etablieren konnte. Zugleich aber kam es bei Aristoteles zu einer Abwertung der Sprache und (im Zusammenhang damit) zu einer Neubewertung der Dialektik. Fur Aristoteles bildet die Dialektik nicht mehr das Zentrum der Philosophie, sondern wird zu einem - allerdings unverzichtbaren - Instrument der philosophischen Forschung.