Deutschsprachige Erzähltexte des Mittelalters verbinden das Problemfeld von Herrschaft und sozialer Ordnung oft mit der Darstellung rednerischer Kompetenz. Für Fürsten und herrschaftsnahe Eliten erscheint Eloquenz als zentrale Bedingung erfolgreichen Regierens. Über den Begriff der ‚erzählten Oratorik‘ untersucht diese Studie die narrative Inszenierung politischer Rede zwischen dem 13. und frühen 15. Jahrhundert, am Beispiel von Ulrichs von Etzenbach Alexanderroman, Ottokars von Steiermark Steirischer Reimchronik und Heinrich Wittenwilers Ring.
Die Monografie verbindet Ansätze der germanistischen Mediävistik mit Perspektiven aus der Geschichtswissenschaft, der Rhetorikforschung und der politischen Philosophie. Sie schlägt ein heuristisches Modell vor, das zwischen Darstellung, Repräsentation und Praxis als Untersuchungsdimensionen politischer Oratorik unterscheidet. So wird deutlich: Anders als vielfach angenommen, bricht die Tradition politischer Rede nach der Antike nicht ab – sie entwickelt genuin mittelalterliche Formen.