In diesem Band wird die religiöse Kultur einer charismatischen Frauengruppe psychologisch analysiert. Partizipierende Beobachtungen, Dokumentenanalysen und narrative Interviews bilden den methodischen Zugang zu den religiösen Deutungen des Alltags und der eigenen Lebensgeschichte. Die Analysen zeigen, daß die Bekehrung zur charismatisch-evangelikalen Variante des christlichen Fundamentalismus die Konstruktion eines Erfahrungs- und Erwartungsraums erlaubt, welcher sich durch einen Zuwachs an individuellen Gestaltungsmöglichkeiten auszeichnet. Alltagspraktisch bieten sich dadurch u.a. Möglichkeiten der Rationalisierung von Entscheidungen und der Bewältigung von Kontingenzen. Lebenspraktisch können durch die religiöse Strukturierung von Erfahrungen deren personale, soziale und leibliche Dimensionen wieder akzentuiert und zu einer stringenten Lebensform verbunden werden. Dazu gehören auch ritualisierte Formen narrativer Selbstthematisierung, welche die Konstruktion einer kohärenten Biographie erlauben. Eine feministisch-kritische Interpretation derartiger Lebensgeschichten zeigt, daß manche dieser Erzählungen auch als Emanzipationsgeschichten gelesen werden können.
Gegenstandstheoretische Überlegungen zum Religionsbegriff und der methodische Entwurf einer kulturpsychologischen Religionsforschung bilden den metatheoretischen Kontext dieser empirischen Studie. Dabei wird das Konzept einer Religionspsychologie als hermeneutischer Kulturanalyse theoretisch ausgearbeitet und zugleich empirisch erprobt.