Nachdem lange Zeit gnostische Traditionen nur aus der Perspektive ihrer Gegner bekannt waren, wurden seit Ende des 19. Jahrhunderts durch verschiedene archäologische Funde immer mehr gnostische Originalzeugnisse zugänglich. Auf diese Weise ist es nun möglich, das religionsgeschichtliche Profil gnostischer Traditionsbildungen von verschiedenen Zugangsperspektiven ausgehend zu analysieren.Eine der jüngsten dieser Entdeckungen ist der sogenannte Codex Tchacos, in dessen Rahmen u. a. das bereits von Irenäus von Lyon erwähnte Judasevangelium gefunden wurde. Obwohl der Codex Tchacos bereits im Jahre 1978 entdeckt wurde, konnte er aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse und einer äußerst komplizierten papyrologischen Restauration und Edition erst im Jahre 2006 einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Nachdem bereits die ersten Edition des Codex Tchacos und insbesondere des Judasevangeliums eine große wissenschaftliche Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, wurde die Beschäftigung mit diesem Zeugnis der gnostischen Religionsgeschichte auf eine noch präzisere Textbasis gestellt, insofern die Besitzverhältnisse weiterer bisher ungekannter Fragmente geklärt werden konnten, die nun in die bereits edierten Texte eingefügt werden konnten. Diese neue Textgrundlage bildet das Fundament der hier versammelten Studien, die das religionsgeschichtliche Profil der durch den Codex Tchacos tradierten Zeugnisse zu erfassen und ihr Verhältnis zu weiteren Traditionsbildungen der gnostischen Religionsgeschichte zu bestimmen versuchen.