Die Sekundärliteratur zu den Schriften Walter Euckens und Friedrich August von Hayeks wird nachweislich von gravierenden Mißverständnissen und Fehleinschätzungen dominiert. Diese betreffen vor allem die konzeptionelle Leistung dieser beiden Klassiker ordnungstheoretischen Denkens. So wird zumeist übersehen, daß beide Autoren anläßlich der zentralen Auseinandersetzung zwischen Liberalismus und Sozialismus übereinstimmend eine konzeptionelle Antwort auf die Frage entwickelt haben, wie die Ökonomik als Wissenschaft zu umstrittenen politischen Themen wert(ungs)frei im Sinne Max Webers Stellung nehmen kann. Durch die Aktualisierung der ordnungspolitischen Konzeption erhebt Ingo Pies diese singuläre Theorieleistung zur Methode und macht sie für aktuelle Probleme wissenschaftlicher Politikberatung fruchtbar. Sein Erkenntnisinteresse ist also nicht primär theoriegeschichtlicher, sondern theoriestrategischer Art. Aus einer institutionenökonomischen Analyse sozialer Dilemmata entwickelt Ingo Pies einen Ansatz, der an die Stelle des klassischen 'Denkens in Ordnungen' ein 'Denken in Anreizen' treten läßt. Diese Methode führt angesichts wertedualistischer Frontstellungen in politischen Debatten weder zu einseitigen extremen Ergebnissen, noch führt sie zu gleichsam 'in der Mitte' liegenden Stellungnahmen durch einen Wertekompromiß. Vielmehr wird angestrebt, den auf verschiedenen Wertvorstellungen beruhenden Konflikt durch Kategorienbildung aufzulösen, um den Diskurs zu einem Konsens hinzuführen. Das Verfahren zielt auf eine konstruktive Kritik der öffentlichen Wahrnehmung relevanter Alternativen. Anhand der Themen Wirtschaftsethik, Wettbewerbs-, Sozial-, Beschäftigungs- und Drogenpolitik illustriert Ingo Pies beispielhaft, wie diese Methode die Ökonomik in die Lage versetzt, gerade angesichts wertstrittiger Politikprobleme Vorarbeit zu einem demokratischen Konsens durch institutionelle Arrangements zu leisten.