Die Reproduktionsmedizin ist mehr als nur die Zeugung von Kindern mit technologischer Hilfestellung. Sie schafft neue Formen von familiaren Beziehungen und stellt damit unsere etablierten Konzepte von 'Verwandtschaft' in Frage. Die Autorin untersucht in ethnologischer Perspektive, wie unter diesen veranderten Bedingungen in Deutschland 'Verwandtschaft' konstruiert, interpretiert und bewertet wird. Als exemplarischer Analysegegenstand dienen dabei die kontroversen parlamentarischen Debatten, die 1990 zur Verabschiedung des Embryonenschutzgesetzes fuhrten. Wurde 'Verwandtschaft' bisher als selbstverstandliche Tatsache gesehen, so zeigte sich in der parlamentarischen Diskussion, dass die reproduktiven Technologien diese Selbstverstandlichkeit bedrohen. In Anbetracht der ethisch brisanten Fragen von neuen Eingriffsmoeglichkeiten in vitro mussten Parlamentarier und Experten ihre Vorstellungen und Wertungen von Verwandtschaft offenlegen. Durch eine innovative ethnologische Analyse der politischen Debatten ist es moeglich, die kulturspezifischen Wertvorstellungen von 'Verwandtschaft' zu entschlusseln und kritisch zu fragen, ob unsere Konzepte auch in der Zukunft noch Bestand haben koennen. Die Autorin, M.A., geb. 1971, absolvierte ein Studium der Ethnologie, Rechtswissenschaften und Geographie an den Universitaten Goettingen, Hamburg, Brussel und San Diego. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in dem DFG-Projekt "Verwandtschaft und Humantechnologie" am Institut fur Ethnologie der Universitat Goettingen und arbeitet an ihrer Dissertation zum Thema "Die Idee von 'Person' in der Konzeption von 'Leben'. Rechtspolitische Debatten um ein kulturelles Modell".