Das Fremde gehoert seit jeher zu den grossen Themen der Literatur, zu den menschlichen Grunderfahrungen wie Liebe oder Gewalt und Tod; das Fremde ist aber auch eine selbst schon asthetisch verfasste Kategorie. Das in wissenschaftlichen und literarasthetischen Darstellungen der Moderne vermittelte Bild fremder Kulturen entwirft einen Faszinationsbereich von grosser kultureller Ausstrahlungskraft.
Der Diskurs uber das Fremde hat Konjunktur. Fur die Germanistik impliziert das die Aufforderung, das Thema historisch anzugehen und in einem kulturwissenschaftlich erweiterten Blickwinkel zu behandeln. Die hier versammelten Studien fragen nach den Inszenierungen und Auftrittsbedingungen von Alteritat in den Diskursen und symbolischen Praktiken, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts das Wissen von fremden Kulturen hervorbrachten. Damit macht dieser Band die engen Verschrankungen von kulturellem Wissen und asthetischer Imagination sichtbar. Literarische Quellen wie Reisebeschreibungen, Tagebucher, journalistische Berichte und fiktionale Werke werden in ihrem diskursiven Zusammenhang mit Ereignissen und Dispositionen der zeitgenoessischen Politik und Wissenschaft rekonstruiert, namentlich mit den im Zuge des Kolonialismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstandenen Disziplinen und Institutionen.
Der Band richtet sich an Literatur- und Kulturwissenschaftler ebenso wie an alle mit interkulturellen Fragen und Begegnungen Befassten, er gibt Anregungen und Material fur die im Ausland lebenden und lehrenden Kulturvermittler und bietet auch den an Reiseberichten und ethnographischen Forschungen Interessierten eine reiche Fundgrube.