Während die Arbeit der verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung im Bereich des Staatsorganisationsrechts weitgehend den Vorlagen der ministerialen Entwurfsbürokratie folgte, verließ die Weimarer Konzeption des zweiten Hauptteils der Verfassung "Grundrechte und Grundpflichten der Deutschen" die Berliner Vorgaben in einem Maße, das den Entwurfsverfasser Hugo Preuß insoweit eine "Vaterschaft" an der Weimarer Reichsverfassung ablehnen ließ. Indem die Abgeordneten selbst in den Grundrechtsdiskussionen neue, namentlich sozial motivierte Fragen stellten und neue Wege beschritten, entstand ein Laboratorium moderner Grundrechtspolitik mit beträchtlichen Ausstrahlungswirkungen, begleitet allerdings von vehementer grundsätzlicher Kritik, die den geschaffenen Grundrechtsteil zum "interfraktionellen Parteiprogramm" erklärte. Walter Pauly untersucht diese Strukturdiskussionen, nicht hingegen die Entstehungsgeschichte der Einzelgrundrechte. Herzstück des Weimarer Grundrechtslaboratoriums war der aus dem Verfassungsausschuß hervorgegangene "Unterausschuß für die Vorberatung der Grundrechte", zu dessen Entwurfsarbeit gutachtliche Stellungnahmen u.a. von Otto v. Gierke und Richard Schmidt eingeholt wurden. Diese Dokumente deutscher Verfassungsgeschichte werden im Anhang erstmals vollständig zugänglich gemacht.