In den Sozialwissenschaften gibt es zwar eine Vielzahl von Theorien, die bean- spruchen, bestimmte Sachverhalte zu erklaren. Es kann jedoch nicht entschieden wer- den, welche dieser Theorien bessere Erklarungen leisten. Der Grund ist, daB Sozial- wissenschaftler nur selten versuchen, Theorien miteinander zu konfrontieren, und zwar auf der Grundlage empirischer Untersuchungsergebnisse. Mit anderen Worten: empiri- sche Theorienvergleiche werden nicht in ausreichendem MaBe vorgenommen. Um diesem Mangel abzuhelfen, haben einige Sozialwissenschaftler, insbesondere Soziologen, den Forschungsverbund "Vergleichende Theorientestung" gegrundet, der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefOrdert wurde. Die Beitrage zu diesem Buch sind aus diesem Forschungsverbund entstanden. Es handelt sich hier unseres Wissens um den ersten umfassenden Versuch, einen empiri- schen Theorienvergleich in der Soziologie vorzunehmen. Aufgrund verschiedener Oberlegungen, die in Kapitel I im einzelnen dargelegt wer- den, erschien es sinnvoll, drei sozialwissenschaftliche Theorien fUr den Theorienver- gleich auszuwahlen. Hierzu gehoren erstens zwei allgemeine sozialwissenschaftliche Theorien, und zwar das sog. Modell rationalen Verhaltens (bzw. die Nutzentheorie) und eine kognitive Gleichgewichtstheorie (die Theorie mentaler Inkongruenzen). Ais soziolo- gische Theorie wurde eine sozialstrukturelle Gleichgewichtstheorie (die Theorie der Statusinkonsistenz in verschiedenen Versionen) ausgewahlt. Diese Theorien wurden in mehreren Forschungsprojekten miteinander empirisch konfrontiert. Die Forschungspro- jekte beziehen sich dabei auf unterschiedliche soziale Problembereiche. Der erste Teil des vorliegenden Buches befaBt sich mit der Idee, mit den Proble- men und den Vorteilen eines empirischen Theorienvergleichs. Weiter werden die Theo- rien, die miteinander konfrontiert werden, vorgestellt.