Der Frankfurter »Auschwitz-Prozeß« ist ein Stück Zeitgeschichte geworden. Er wird noch lange Zeit ein unfaßbares Dokument für den von Amtsträgern organisierten Massenmord sein. Einige von vielen, welche die perfekteste Todesmaschine funktionieren ließen, standen in Frankfurt vor Gericht. Mehr als 350 Zeugen berichteten über die Verbrechen der ursprünglich 24, später 20 Angeklagten. Die Akten des Verfahrens schwollen auf 18.000 Seiten an. Am 182. Tag der Verhand-lung, am 19. August 1965, sprachen die Richter und Geschworenen ihre Urteile. Die Prozeßberichte von Bernd Naumann schildern die richterlichen Bemühungen, keine Abrechnung über die Vergangenheit Deutschlands zu halten, sondern angesichts von nachweisbarer Schuld allein dem Gesetz Genüge zu tun. Der Verfasser gibt allein den Prozeß-verlauf wieder, wie er sich in den Aussagen der Zeugen und Angeklagten spiegelt. Die Konsequenzen, die außerhalb des Strafgesetzes liegen, hat der Leser selbst zu ziehen. Den dokumentarischen Anspruch würdigt Hannah Arendt, wenn sie schreibt, Naumann enthalte sich klugerweise »fast völlig jeder Analyse und jeden Kommentars« und konfrontiere den Leser »damit um so direkter mit den Originaldialogen des großen Verhandlungsdramas.« Anläßlich des 40. Jahrestags des Prozesses und einer Ausstellung des Fritz-Bauer-Instituts werden diese Berichte mit einer Einleitung von Marcel Atze versehen wieder vorgelegt.
Bernd Naumann (1922-1971) gehörte zur Redaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in deren Auftrag er 20 Monate lang über den "Auschwitz-Prozeß" berichtete.