Die Alarmglocken schrillen: Eine schwere Vertrauenskrise hat Deutschland erfasst. 2008 hatten 38 Prozent aller Deutschen kein Vertrauen in die politische Ordnung des Grundgesetzes, der sozialen Marktwirtschaft vertraute nur noch jeder Zweite, im Osten Deutschlands misstraute eine Mehrheit der Bürger beiden Ordnungen. Ein Gutteil des Vertrauensverlustes geht auf das Konto der Valium-, Leimruten-, Verharmlosungs- und Verdrängungslügen, der falschen Versprechungen und Wortbrüche von Politikern und Politikerinnen, besonders in Zeiten des Wahlkampfes. Die Finanzkrise hat diesen Vertrauensverlust noch verstärkt. "Der Pinocchio-Test" von Rainer Nahrendorf zeigt, dass Machiavelli in der deutschen Politik prominente Anhänger hat, die es im Kampf um die Macht und den Machterhalt mit der Wahrheit nicht genau nehmen. Aber er macht Politikern auch Mut, bei der Wahrheit zu bleiben. Wahlkämpfe der Ehrlichkeit können durchaus erfolgreich sein. Nahrendorf wirbt für einen Stilwandel in der Politik, für eine Kultur der Redlichkeit. Ohne eine solche "Kulturrevolution" könnte sich die Vertrauenskrise weiter zuspitzen. Führungskräfte in Politik und Wirtschaft müssen Vorbilder sein. "Der gesellschaftliche Zusammenhalt hängt davon ob, dass Wertvorstellungen geteilt und gelebt werden. Dazu gehören der Respekt vor der Wahrheit und die gesellschaftliche Ächtung der Lüge. Mit Misstrauen und Zynismus ist kein Staat zu machen." "Der Pinocchio-Test" geht auch der Frage nach, ob die Medien ihrer Informationspflicht und ihrer Wächterrolle gerecht werden. Ist ihr Selbstverständnis "Wächter der Wahrheit" zu sein, Anmaßung und Selbstüberschätzung? Eine Kultur der Redlichkeit kann sich nur etablieren, wenn auch die "Vierte Gewalt" wahrhaftig ist. Nahrendorf wirbt dafür, bei der Wahrheit zu bleiben: "Die Wähler vertragen mehr Wahrheit, als viele Politiker meinen. Sie muss nur gut kommuniziert werden.", beantwortet Professor Kurt Biedenkopf in einem Gesprächsbeitrag zum Buch die Frage: "Wie viel Wahrheit verträgt der Wähler?". "Der Pinocchio Test" sagt der Lüge in der Politik und den viel versprechenden Populisten den Kampf an. Das Buch ist ein streitbares Plädoyer für Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit - gerade in der Politik, denn Demokratie ist auf Wahrheit und Vertrauen angewiesen.