MISEREOR soll die Armen der Dritten Welt unterstützen -warum mischt es sich dann in die Diskussionen um ein zukunftsfähiges Deutschland ein? Die Kritik ist schnell und plakativ formuliert: Misereor ist für die Armen der Dritten Welt da. Diesen notleidenden Menschen soll das Werk konkret hel fen. Wenn Misereor sich statt dessen mit Fragen eines zukunftsfähigen Deutsch lands beschäftigt, gerät es auf Abwege, verfehlt es seinen Auftrag. Diese schlagwortartigen Formulierungen enthalten eine gefährliche Mischung aus Richtigem und Falschem. Richtig ist, daß Misereor einzig dafür da ist, den Armen in der Dritten Welt zu helfen. Falsch ist, daß die Fragen um ein zukunftsfähiges Deutschland nichts mit dieser Aufgabe zu tun haben. Das wird klar, wenn man die plakativen Formulierungen einmal hinter sich läßt und genauer fragt: Wie sieht eigentlich eine Hilfe für die Armen aus, die ihnen wirklich und auf Dauer hilft? Die Antwort hat zwei Stoßrichtungen: Zum einen geht es darum, ihnen un mittelbar materielle und personelle Unterstützung zu geben. Zum anderen ist es aber ebenso wichtig, sich für eine Beseitigung der Ursachen der Armut einzusetzen. Schon bei der Gründung von Misereor hat Kardinal Frings diesen Sachver halt sehr genau beschrieben. Er sagte im August 1958: "Die Rentenreform 1957 hat mehr Menschen wirtschaftlich geholfen als alle Elisabethen-und Vinzenzvereine zusammengenommen." Deshalb müsse es die Aufgabe eines Werkes wie Misereor sein, den Armen direkt zu helfen und zugleich darauf einzuwirken, daß sich die Rahmenbedingungen für die Armen verbessern.