Seit längerer Zeit wurde die Gynäkologie seitens der Medizingeschichte vernachlässigt. Auch von der seit Jahren äußerst regen Frauengeschichte bleiben viele medizinische Diskusstränge unbeachtet oder werden nicht in direkten Kontext zu handelnden Personen gebracht. Diese Studie zielt darauf ab, beide Mißstände zu beheben. Anhand der Biographie der österreichischen Frauenärztin und Sexualforscherin Helene Stourzh-Andere (1890-1966) wird das Panoramabild medizinischer Irrwege, Sexualvorstellungen und Frauenbilder zwischen 1920 und 1965 vorgestelt. Den unterschiedlichen Aktivitäten Stourzh-Anderles nachgehend fällt der Blick des Lesers auf Sexualpädagogik, Konstitutionstypologie und Hormonlehre. Es wird deutlich, welche Ausnahmestellung die Protagonistin einnahm und warum sie heute nahezu vergessen ist. Das Buch ist mehr als eine Biographie, es ist ein Schlüssel zum Einblick in eine scheinbar untergegangen, aber zu Unrecht vergessene Epoche der deutschsprachigen Medizn. Kurzbiographien zu wichtigen Personen im Text erleichtern den Zugang, ebenso eine umfangreiche Literaturliste. Der Autor scheut sich nicht, auf Mißstände in der Forschung hinzuweisen und hofft, daß seine Ausführungen zu Diskussionen und weiteren Studien einladen.