Die Idee des 'doppelten Körpers' war bereits den römischen Juristen bekannt und fußt auf der Annahme, dass zwischen dem Ganzen und der Summe seiner Teile eine fundamentale Differenz besteht. Im Hintergrund steht die Frage nach den Beziehungen von Einheit und Vielheit, die wieder auf Interesse stößt, seitdem Nationen einen beträchtlichen Teil ihrer Souveränität an transnationale, supranationale und private Regelsysteme abgegeben haben. Als Einheit kann sich eine Ansammlung von Individuen nur begreifen, wenn Institutionen geschaffen werden, welche die Vielheit der Teile mit einem Ganzen in einen sinnhaften Zusammenhang bringen. Von einem solchen Zusammenhang handelt die Metapher vom politischen Körper, auf die Juristen etwa dann zurückgreifen, wenn sie mit Begriffen wie Korporation oder Verfassungsorgan operieren. Im englischsprachigen Raum ist häufig von einem ' new body of law ' oder ' nonstate bodies' die Rede, weil bei fortschreitender Transnationalisierung ständig neue Rechtsordnungen emergieren, die parallel existieren, miteinander agieren oder kollidieren. Lassen sich auch solche Teilrechtsordnungen unter dem Aspekt der Einheit begreifen? Und kann die Lehre vom 'doppelten Körper' hier eine Antwort geben? Die Historische Rechtsschule hat diese Lehre unter dem Gesichtspunkt der 'Strukturähnlichkeit' von privaten und öffentlichen Verbänden, von Korporationen und Staat wieder aufgegriffen und weiterentwickelt. Ihre 'Politik' bildet damit ein wichtiges Glied in einer langen Kette, die von der römischen Jurisprudenz bis zu den modernen Pluralismustheorien führt.