Bis heute zeichnen die Interpreten Tucholskys das Portrat eines verspateten Aufklarers, der einen hoffnungslosen, von vornherein zum Scheitern verurteilten Kampf gegen den heraufziehenden Faschismus fuhrt, um schliesslich resigniert zu verstummen. Die vorliegende Untersuchung weist diese Deutung als das Ergebnis einer undialektischen Auffassung des Begriffs Aufklarung zuruck. In Anlehnung an verschiedene sozialphilosophische und sozialpsychologische Theorien, die zur Analyse und Kritik der gesellschaftlichen Wirklichkeit des 20. Jahrhunderts Entscheidendes beigetragen haben, kann zweierlei gezeigt werden: Weder ist Tucholsky an dem gewissermassen naiven Versuch einer blossen Restitution klassisch aufklarerischer Grundsatze gescheitert, noch lasst sich die Rede vom totalen Bruch zwischen publizistischem Werk und Exilschriften in der bisher behaupteten Weise aufrechterhalten. Unter Einbeziehung jungster Publikationen und zum Teil auch unveroffentlichten Materials entwickelt die Verfasserin das Bild eines Pioniers einer neuen Aufklarung, der Voraussetzung, Anspruch und Verfahren, mithin die Legitimitat von Aufklarung hinterfragt."