Was sind Rituale? Sie erscheinen uns als Unterbrechungen der gewöhnlichen, geregelten Zeit - und folgen doch zugleich ihren eigenen Regeln. Sie verfügen über das Unverfügbare: Geburt und Tod, Übergänge und Offenbarungen. Sie stellen den Himmel auf den Kopf, das alte System der zyklischen Zeitrechnung. Sie erinnern durch Wiederholungen, werden an Grenzen und Schwellen veranstaltet. Rituale sind älter als Religionen; vielleicht haben sie darum noch alle Säkularisierungsprozesse überlebt.
Der erste Teil des Buchs entwickelt eine allgemeine Theorie des Rituals. Der zweite Teil beschäftigt sich mit einigen Beispielen aus der europäischen Kulturgeschichte: von der griechischen Antike bis zu den modernen Nationalfeiertagen, vom Weihnachtsfest bis zur Feier von Geburts- und Namenstagen, von den mythischen Bildern der Zeit bis zu den liturgischen Theatermaschinen in Renaissance und Barock.