Die deutsche Zivilprozessrechtswissenschaft würdigt mit diesem Liber Amicorum eine ihrer bedeutendsten Gelehrtengestalten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Wolfram Henckel, der am 21.04.2015 seinen 90. Geburtstag wird feiern können. Der Sammelband, den ihm Freunde, Schüler und Kollegen darbringen, steht unter einem Titel, der das gesamte Arbeitsleben Wolfram Henckels umspannt und für den er heute noch die zentrale Referenz darstellt: "Prozessrecht und materielles Recht". Das war der Titel seiner Göttinger Antrittsvorlesung (1962), einer weltbekannten, grundlegenden Monographie (1970) und vieler weiterer wissenschaftlicher Beiträge. Prozessrecht war für Wolfram Henckel nie Selbstzweck oder Formalität, sondern das Mittel zum Zweck der materiellen Rechtsverwirklichung, wie sie der Justizgewährungsanspruch verheißt. Die Arbeitsgebiete des Jubilars waren vielfältig und deckten das Prozessrecht in allen seinen Facetten ab. Die im Lauf der Zeit entwickelte zusätzliche Schwerpunktsetzung im Insolvenzrecht, besonders nach Übernahme des Jaegerschen Großkommentars zur Konkursordnung und mit der Tätigkeit in der Reformkommission zur Insolvenzordnung, spiegelt sich auch im Inhalt des Bandes wider: verschiedene Beiträge beleuchten im Rückblick, was aus der Reformarbeit geworden ist oder verwenden Henckel'sche Ansätze zur Lösung aktueller Problemlagen und Streitfragen. Wolfram Henckel stand und steht für eine präzise deutsche Dogmatik, für die das Ausland uns häufig beneidet. Er hat so intuitiv ein Tor geöffnet, das verstärkte Internationalisierung erst ermöglicht und auch heute noch ein wichtiges Gut darstellt.