Auf Wolfgang Hilbig, veritablen Büchnerpreisträger und gleichzeitig „Kind, das mit Meeren spielt“ (Fühmann), auf den Prosaisten und Lyriker zielt diese Monographie, die drei ebenfalls aus Dissertationen entstandenen Beiträgen nachfolgt. Der „Seelenzunge des Lesens“, so der Laudator Georg Klein bei der Preisverleihung, verdankte sich das Forschungsinteresse des vorliegenden Projektes, bei weitem bevor es sich im Sinne der Disziplin, also der Germanistik, und im Sinne der Hermeneutik, also abseitig jedweder Disziplin und Denkreglementierung, die Texte aneignete. Die Werke dieses Autors sind eben nicht nur Selbstbehauptungsversuche eines Heizers in der DDR; ihre berückende, weil geerdete Formschönheit verlangt geradezu das analytische Interesse des Germanisten: deshalb die Instrumente der Textinterpretation, die Theorie und der Griff in den Fundus der Literaturgeschichte. Aber doch verhehlt dieser Ansatz nicht, dass die prekäre, ambivalente, ausgehöhlte Position des Subjekts in Hilbigs Subversions- und Widerstandsgeschichten, in der verdrehten, phantastischen Erzählwirklichkeit auch Anlass war, einen distanzierten Ton ex cathedra zu vermeiden. Das Verstörende, Versehrt-Verzehrende, gleichzeitig Aufbegehrend-Kraftvolle sollte nicht von der Patina und der Haltung der Disziplin in Beschlag genommen werden, die man unwillkürlich manch ausladendem, staubigem Buchrücken zuordnet.