Urn die Jahrhundertwende und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehorte die Sozialpolitik noch unwidersprochen zu den Studiengebieten der Wirtschaftswissenschaftler. Heute ist es nicht rnehr selbstverstand- lich, daB okonomische Theorien zur Analyse sozialpolitischer MaB- nahrnen verwandt werden. Die Sozialpolitik ist zu einern von der Wirt- schaftswissenschaft relativ vernachlassigten, abseitigen Gebiet geworden. Okonomische Untersuchungen im Bereich der Sozialpolitik scheinen darum einer besonderen Rechtfertigung zu bediirfen. Die Sozialpolitik wird jetzt zumeist als eine Politik angesehen, in der die Beachtung von okonomischen Wechselbeziehungen bewuBt zuriick- gestellt werden kann und die okonomischen Folgen zugunsten der gesell- schaftspolitischen Wirkungen vernachlassigt werden sollen. Die Sozial- politik wird deshalb, gleichgiiltig, ob es sich urn MaBnahmen des Staates oder urn die Politik der Gewerkschaften handelt, haufig nicht nur von den Vertretern der Wirtschaftswissenschaft, sondern auch von Praktikern und Politikern einseitig beurteilt. In Wirklichkeit ist sie jedoch sowohl okonomisch bedingt, wie okonomisch wirksam. Sie ist eine Politik der Datensetzung und Datenanderung, eine Politik der gruppen- oder staats- politis chen Intervention. Die okonomische Betrachtungsweise erscheint daher, wenn auch nicht immer ausreichend, so doch angemessen und erforderlich.