Rochus Leonhardt diskutiert das Verhältnis von Protestantismus und Skeptizismus anhand einer kritischen Analyse des philosophischen Ansatzes von Odo Marquard. Als Pointe des Marquardschen Skeptizismus stellt er die Forderung nach einer pluralisierenden Hermeneutik heraus und konfrontiert diese Forderung mit dem protestantischen Schriftprinzip. Dessen originäre Gestalt, Luthers Betonung der uneingeschränkten Schriftautorität ( sola scriptura), schließt zwar einen hermeneutischen Pluralismus kategorisch aus, aber die immer drängendere Krise des Schriftprinzips' macht die Problematik dieser singularisierenden Hermeneutik' deutlich. Im Gespräch mit wichtigen Vertretern der zeitgenössischen evangelischen Theologie plädiert der Autor daher für eine Integration der in der Literaturwissenschaft längst etablierten pluralisierenden Hermeneutik in die Bibelauslegung - und damit für eine Übernahme des hermeneutischen Skeptizismus in die Theologie.