Im weiten Feld der Moderne-Kritik des Fin de siecle untersucht die Arbeit zwei signifikante Autoren daraufhin, mit welchen Mitteln sie den erfahrenen Verlust von Zusammenhang und Sprachvermoegen kompensieren. Zu dieser diagnostischen Arbeit gehoert der Versuch, die psychische Konstitution der beiden Autoren zu verstehen, um zeigen zu koennen, warum gerade sie reprasentativ fur ihre Zeit waren. Dabei werden eigene Zeugnisse der Autoren herangezogen, denn die heutige Forschungssituation anerkennt, dass solche Selbstzeugnisse eine gemeinsame Sprache sprechen - die einer geteilten Bewusstseinslage.
Methodisch geht diese Arbeit von der Kritik am Projekt Aufklarung aus, die sich spezifisch bei dem Psychiater Jung auspragt und bei dem Dichter Rilke, der seine Existenz in ungewoehnlich hohem Masse auf die Sprache grundet. Beide sehen sich in einer fraktionierten Welt, in der die Sprache ihre Eindeutigkeit eingebusst hat und ambivalent geworden ist. Jung und Rilke setzen gegen diesen Mangel dieselbe Utopie: neuartige Totalitatskonzepte als Ausdruck ihrer Ganzheitsphantasien.