In der Geschichte von Valentin und Namelos, die nach der Stockholmer Handschrift Holm. Vu 73 diplomatisch neu ediert wird, findet man eine Reihe von Stoffmotiven, die in mittelalterlichen Versepen eine mehr oder weniger wichtige Rolle spielen. So geht es um Zwillingsbrüder, die einander nicht kennen, da sie gleich nach der Geburt ausgesetzt wurden. Valentin, der in einem Kästchen in einen See gelegt wurde, wird von einer Prinzessin gefunden und aufgezogen; um Namelos kümmert sich eine Wölfin, die ihn am Waldrand findet. Als Valentin seinem Bruder später im Kampf begegnet, zeigt sich die wunderbare Kraft ihrer Verwandtschaft. Bei der Suche nach den Eltern bewähren die beiden sich im Kampf gegen viele Verräter und zwei gewalttätige Riesen. Die Zauberkraft von zwei Ringen und die Nähe von zwei Tieren, einem Panther und einer kleinen Schlange, bestimmen die Handlung an wichtigen Erzählmomenten. Der fiktive geschichtliche Hintergrund ist die höfische Welt des französischen Königs Pipping, des ungarischen Königs Crisosmus und der Kampf der Könige gegen die Heiden.
Wahrscheinlich ist die Handschrift aus dem 15. Jahrhundert eine Abschrift einer mittel-niederdeutschen Kurzfassung der Geschichte, die in drei episch breiten mittelniederländischen Textfragmenten ebenfalls überliefert wurde.