Alexander von Humboldts Essay über Kuba, der auf Französisch verfasste „Essai politique sur l’île de Cuba“ (1825-1826), beschreibt und vermisst die Insel sehr genau, weshalb der Verfasser in Lateinamerika als „zweiter Kolumbus“ angesehen wurde. Er war zugleich sein umstrittenstes Werk, da Humboldt in ihm vehement die Sklaverei verurteilte. Dies wurde zum Tagesgespräch, als sich Humboldt selbst in amerikanischen Zeitungen gegen eine englische Übersetzung wehrte, die das Sklaverei-Kapitel weggelassen und die abolitionistische Haltung des Werks umgefälscht hatte. Obwohl Humboldt im frühen 20. Jahrhundert in Kuba gerne gefeiert wurde, hatten hundert Jahre zuvor die kubanischen Kolonialregierungen die erste spanische Übersetzung des Essai kurzerhand verboten. In diesem öffentlichen Bekenntnis lag damals und liegt heute noch die Bedeutung dieses höchst kontroversen Textes, in dem Humboldts Anspruch auf eine weltweite Konvivenz, auf ein friedliches Zusammenleben aller Völker und Ethnien deutlich wird. Die zweibändige französische Referenzausgabe ist bis heute nicht komplett übersetzt worden. Eine deutschsprachige Fassung von 2002, die einzige neuere deutsche Übersetzung, kürzt Humboldts Text und verändert ihn auch anderweitig. Das vorliegende Vorhaben beabsichtigt, diese deutliche Lücke mit einer wissenschaftlich fundierten Übersetzung von Humboldts revidierter Ausgabe aus dem Jahr 1826 zu schließen.