Der emeritierte Professor fur Byzantinistik und neugriechische Philologie, Evangelos Konstantinou, der sich eingehend mit dem Leben und Werk des unvergesslichen Dichters des Alexis Sorbas, Nikos Kasantzakis, befasst hat, stellt dem deutschen Publikum anlasslich des 50. Todestages (26. Oktober 1957) von Kasantzakis in diesem Jahr ein reprasentatives Beispiel aus einer fast unbekannten Gattung dessen vielseitigen literarischen OEuvres, namlich die Tragoedie Kouros-Thiseas zum ersten Mal in deutscher Sprache vor. Diesem Werk gehoert die grosse Vorliebe des Autors. Daher schrieb er kurz nach der Veroeffentlichung dieses Werkes (1949) an seinen langjahrigen treuen Freund Pantelis Prevelakis, der mit inniger Anteilnahme alle Stationen seines literarischen OEuvres verfolgte, dass "Kouros zu den wenigen Werken gehoert, die mir gefallen". Mit diesem Werk wollte er den schwierigen Fragen des Menschen eine Antwort geben, indem er die ewigen Symbole des antiken Mythos' erneuerte. Ihm misst er eine besondere Bedeutung zu: Eine Quelle dichterischer Inspiration, die nicht nur die griechische, sondern die Weltliteratur befruchtet hat. Der Hauptheld dieser Tragoedie, Thiseas, verkoerpert auf einzigartige Weise die Lebens- und Weltanschauung unseres grossen kretischen Autors, der danach strebte, eine Synthese der Gegensatze und Antinomien des Lebens zu erreichen. Kouros bringt den unerschutterlichen Glauben Kasantzakis' an die Macht der menschlichen Seele, "die die hoechste Stufe der Wahrheit ist", zum Ausdruck. Daher fesselt und bezaubert die Lekture dieses Werkes den Leser unserer Zeit, der verzweifelt nach dem Sinn des Lebens sucht.